Kultur

Fermentation weltweit: andere Länder, andere Rezepte!

Fernost Buddha und die kleine Bohne

Weder Fleisch noch Fisch? Wer weiß, ob der Buddhismus so erfolgreich geworden wäre, hätte die Fermentierung seinen vegetarischen Anhängern nicht eine Vielzahl interessanter und schmackhafter Alternativen geboten? Not macht eben erfinderisch und so wurde Fernost zu einem der Hotspots für fermentierte Nahrungsmittel: Miso, Shoyu, Natto, Kinema, Thua nau, Dochi, Chungkokjang, Tempeh und Sufu sind nur einige fermentierte Klassiker der Sojabohne.

Japan Natürlich Sushi!

Wo heute Essig verwendet wird, wurde früher fermentiert: Reis, Gemüse und roher Fisch - eine ideale Kombination für die Milchsäuregärung! Sprechen Sie Ihren Fast-food-Service mal drauf an!

Funazushi ist ein vier Jahre lang fermentierter Fisch, eine teure und selten gegessene Spezialität. Auch beliebt: Nozawana-zuke (Senfblätter, fermentiert bei Niedrigsalzgehalt), Sunki (Blätter der Otaki-Rübe) und unzählige weitere gesundheitsfördernde Gerichte.


China Chin Chin!

Ohne Weintrauben, Hopfen und Malz, also von der Natur benachteiligt, fanden die umtriebigen Chinesen früh einen anderen Weg, um schmackhaften Alkohol zu produzieren. Drei Sorten fermentierter Getränke haben es bereits in der Shang Dynasty [(ca.) 1200–1046 v. Chr.] zu großer Popularität gebracht: Zum Vorglühen Li (ein süßlicher Aperitif aus fermentiertem Reis oder Hirse), Chang (ein leichter Kräuterwein) und für höhere Ansprüche Jiu (ebenfalls aus fermentiertem Reis oder Hirse hergestellt, allerdings mit 10-15% Alkohol). Zur Cocktail Party reichte der Chinese dann Yan-taozih (eingelegte Pfirsiche) und Mixian (eine Art fermentierter Reisnudel).

Doubanjiang, ein scharfer Mix aus fermentierten Sojabohnen, Saubohnen, Salz, Reis und Gewürzen, gilt gar als die Seele der szechuanischen Küche.


Taiwan Genügsamkeit als Tugend.

Broccolistiele landen nicht etwa im Biomüll, sondern werden zu Yan-tsai-shin veredelt. Auch Ingwer erfreut sich als fermentierte Zutat in Yan-jiang grosser Beliebtheit.


Korea Trendfood!

Kimchi tritt gerade seinen Siegeszug rund um den Erdball an und ist nur ein Beispiel für das besondere Talent der Koreaner, unscheinbares Gemüse in kulinarische Köstlichkeiten zu verwandeln.

Südliches Asien Wo der Pfeffer wächst...

… hier herrschen ideale Bedingungen in Bezug auf Klima und Umwelt für die Entstehung einer der vielseitigsten und ausgeprägtesten Kulturen für fermentierte Speisen. Durch Kombination des unerschöpflichen Angebots an Zutaten gibt es Speisen und Getränke für jeden Geschmack und Anlass.


Indien Cocktaillabor der Fermentierung

Klassiker sind zum Beispiel ein gebackener Teig auf Basis von fermentiertem Reis und Hülsenfrüchten (Chakuli pitha, Dhokla, Dosa,...), Gemüsebeilagen (Khalpi – Gurken, Inziangsang – Senfblätter) oder der berühmte Yogurtdrink Lassi.


Sri Lanka Kokosnuss, bitte!

Was Inder mögen, gefällt auch den Bewohnern von Sri Lanka . Hoppers heißt hier das indische Appam. Der Pfannkuchenteig gärt besonders gut durch die Mischung aus Reis und Kokosnussmilch.


Nepal Höhenluft allein reicht nicht

2000 Tonnen ihres Nationalgerichts Gundruk verzehren Nepalesen pro Jahr. Im Herbst wird massenweise geerntet, was dann fürs ganze Jahr reichen muss – Fermentierung macht's möglich: Rettichblätter und -wurzeln, Senfblüten und -blätter, Blumenkohl und viele Kräuter ergeben einen nahrhaften Blattgemüsemix.

Südöstliches Asien Lächelnde, alles fermentierende Menschen

Im tropischen Jahreszeitenklima war es lebensnotwendig, Lebensmittel für die Zeit knappen Wassers und vor der Fruchtreife haltbar zu machen. Dank Fermentierung wurde aus der Not eine Tugend, zur Freude von heimischen und reisenden Gourmets!


Indonesien Heimat des „Ketchup“

Sumatra, Java, Bali, Molukken oder Neuguinea – so vielseitig das Land, so unerschöpflich artenreich ist seine Flora und so vielseitig seine Speisen. Nur eines ist ihnen gemein: die Zubereitung der Nahrung durch Fermentierung. Der Sammelbegriff „Kecap“ steht beispielsweise für „würzige fermentierte Sauce“. Die wohl bekannteste, Kecap Manis, ist eine gesüßte aromatische Sojasauce.

Als Reisalternative wird gerne Growol verwendet, fermentierte Cassava (Maniok).


Malaysia Die „Königin der Beilagen“

Geschmack und Geruch der Durianfrucht (/Stinkfrucht) sind ohnehin – je nach Reifegrad und Sorte – schon extrem vielseitig. Dem nicht genug, wird die „Königin der Früchte“ als Tempoyak, durch Fermentierung des Fruchtfleischs zu einer besonderen Beilage. Nebeneffekt: die Bakterien lösen gleichzeitig das Problem der schweren Verdaulichkeit. Jeruk nennt man Eingelegtes aus saisonalen Früchten und Gemüse.


Philippinen Fruchtig, fischig, vielseitig!

Um erst mal auf den Geschmack zu kommen, beginnt man sein Mahl auf dem Archipel mit Burong manga. Dazu wurde grüne (unreife) Mango in Streifen vergoren. Als Beilage zu Frittiertem oder Gegrilltem wird Atchara serviert: geraspelte und anschliessend fermentierte Papaya. Das Hauptgericht Baboong besteht aus fermentiertem Fisch oder Garnelen und Salz.


Thailand Eine der besten (alles fermentierenden) Küchen der Welt

Bei über 60 traditionell fermentierten Speisen, essen Thais täglich auf die ein oder andere Art Fermentiertes, egal ob Fleisch (Huhn – Khai-khem, Schwein - Naem Moo-som, Rind – Som-dteen-wooa), Meeresfrüchte (Venusmuscheln – Hoi-som, Garnelen – Ka-pi), Gemüse, Früchte (Mango - Ma-muang-dorng, Tamarind – Ma-kaam-dorng), oder Knollen (Cassava - Taa-pae).


Vietnam Fermentiert nicht gibt’s nicht!

Dass im Vietnamkrieg letztendlich die fermentierte Nahrung über die Konservenverpflegung triumphiert hat ist zwar nicht erwiesen, wohl aber, dass Vietnamesen vom Schwein (Nem chua) über Fisch (Mam Chua), sämtliche Gemüse (im Sommer: Dua muoi – Senf oder Beete, Ca muoi – Aubergine, im Winter: Hahn Dam - Zwiebeln, Su Hao - Kohlrabi), Bambus (Dong Mo), Pilze (als Zutat) und natürlich Reis (Bánh cuốn) so ziemlich alles fermentieren, was sie ins Glas bekommen.

Ozeanien Fermentierender Entdecker entdeckt Volk von Mikrotariern

Schon James Cook notierte auf seinen Reisen die Angewohnheit der Eingeborenen auf den Marshall Inseln, die Brotfrucht sowohl für den täglichen Bedarf als Beilage, wie auch als Reserve für Mangelzeiten zu konservieren – ob er ihnen wohl sein verehrtes Sauerkraut zum Tausch anbot?

Poi ist eine heute immer noch beliebte Polynesische Speise aus der Taro-Pflanze.

Mittelmeeranrainer Tapas/Antipasti und Wein zum glücklich sein

“Lass die Nahrung deine Medizin sein und Medizin deine Nahrung“, riet schon Hippokrates zur gesunden Ernährung auf. Fermentierte Speisen stellen dabei die ideale Kombination aus Gesundheit und Wohlgeschmack dar.

Dem Mittelmeerraum hat die Menschheit kulinarische Meilensteine zu verdanken – vieles davon auf fermentierter Basis. Die Klassiker seit der Antike: Wein, Brot, Käse und Oliven.


Griechenland Wiege der Fermentierung

Heutzutage werden Oliven der Einfachheit halber oft mit Natronlauge genießbar gemacht – eine Perversion der jahrtausendealten Tradition, Oliven zu vergären, welche von Griechenland aus, den Mittelmeerraum eroberte. Schon damals auch in den Amphoren: Wein oder fermentierter Fisch, Fleisch, Artischocken, Kapern, Meeresfenchel, Blumenkohl oder Auberginen, als Zutat für ein Rezept das sich noch heute in Spanien als Almagro Auberginen großer Beliebtheit erfreut.


Spanien Tapas, olè!

Zu großartigen Weinen zelebriert man in Spanien die Vorspeisen: Manchego Käse gilt international als Delikatesse. Aber auch beim Nachtisch greift man gerne auf die Fermentation zurück, wie etwa bei der Ensaimada, einem Gebäck mit fermentierter süßer Füllung.


Italien Dolce vita fermentata

Garum, aus fermentierten Fischresten hergestellt, war die Standardwürzsoße der antiken römischen Küche, welches allerdings zusammen mit dem Römischen Reich unterging.

Dagegen ist die Salami eines von wenigen fermentierten Fleischgerichten, die es zu internationaler Beliebtheit gebracht haben, und auch der Pizza geht die Fermentierung des Teigs voran. Brovada, vergorene Rüben und Trester, kennt man nach wie vor als regionale Spezialität.


Türkei Şerefe! – zum Wohl, ganz ohne Alkohol!

Mit den berühmten Drinks Şalgam (laktofermentierter Rübensaft) und Ayram (gesalzener Joghurt) beweisen die Türken, dass fermentierte Getränke nicht alkoholisch sein müssen, um eine Tradition zu begründen. Eine ebenso lange Herkunft hat Turşu (eingelegtes Gemüse oder Früchte), ein Verfahren , das als ترشى Torshi ursprünglich aus Persien stammt und heute ( arabisch مخلل mukhallal, kurdisch ترشى , tirşîn, tirşî, trshin; griechisch: τουρσί, toursi; bulgarisch: туршия, turshiya; bosnisch/ kroatisch/ serbisch, turšija /туршија; albanisch: turshi; hebräisch: חמוצים, khamusim) seine Verbreitung im ganzen Balkanraum und Nahen Osten hat.

Mittel- Nord- und Osteuropa

Wo früher Germanische und Slawische Völker dem Met (fermentierter Honig) zusprachen, ist seit Jahrhunderten die Heimat der Bierbraukunst. Nicht nur die Bienen freut's...


Deutschland Beer from the Krauts!

Den meisten Europäern fallen beim Gedanken an Fermentiertes spontan Bier und Sauerkraut ein – ebenso wie beim Gedanken an Deutschland...


Polen Gleich gibt's Saures!

Ogórki (saure Gurken) hat man ursprünglich fermentiert. Heutzutage werden die Gurken pasteurisiert und mutieren unter Zugabe künstlicher Säure zu Essiggurken. Ćwikła, ein Relish aus fermentierter Roter Beete und Meerettich, darf bei festlichen Anlässen als Begleitung für Fleisch oder Aufschnitt nicht fehlen.


Schweden Kultige Konserve für Geruchsunempfindliche

Surströmming: Einst bäuerlicher Alltagsproviant, hat sich aus dem fermentierten Hering längst ein Kult entwickelt. Die „Premiere“ (jährlicher Verkaufsstart) im August wird landesweit mit Ungeduld erwartet.


Island Hù!

Neben anderen Fischen wird hier sogar der Grönlandhai durch “Grubengärung“ zu hákarl fermentiert und gerne mit dem traditionellen Roggenbrot Rúgbrauð verzehrt.


Russland Trinken wir noch ein Brot?

Die Erkenntnis, dass man Brot nicht nur essen, sondern auch trinken kann, verdanken wir den Russen – und damit gleichzeitig einen Klassiker der Fermentierung: Kwas (квас).

Ebenfalls aus dem größten, (wenngleich kaum artenreichsten) Land der Erde, stammt die Tradition, Rote Beete zu fermentieren — fertig ist das Menü: Brottrunk zu Rotstrunk!

Zentral- und Südafrika

In vielen afrikanischen Ländern entstehen verschiedene Produkte aus der Fermentation von stärkehaltigen Getreidearten (Ingera, Kisara, Hussuwa) und Knollen (Fufu, Gari, Agbelima und Kocho). Pito, Dolo und Tella sind wichtige alkoholisch fermentierte Getreidegetränke. Auch Palm-, Erdnuss- und Kakaowein werden gerne konsumiert. Für einige Rezepte, wie Kocho (aus äthiopischer Banane), ist die Grubengärung immer noch beliebt. Verschiedene Gemeinschaften haben Strategien entwickelt, um die toxischen Samen vieler Malvaceae-Pflanzen zu fermentieren, um Nahrungsmittel herzustellen, die reich an pflanzlichen Proteinen sind und als Würzmittel oder als Fleisch- oder Fischersatzstoffe verwendet werden.

West Afrika Senegal/Uganda/Nigeria

Johannisbrot, Fruchtfleisch und Samen einheimischer Bäume werden fermentiert. Diese werden zu Bällchen oder Kuchen (Dawadawa) gepresst und zu Suppen oder Würze gegeben. Iru ist getrockneter Dawadawa, in Scheiben abgeflacht.

Amerika Unbegrenzte Fermentierungsmöglichkeiten

Mais, Kakao und Cassava werden in Mittel- und Südamerika am häufigstenals Basis für die traditionell fermentierten Lebensmittel verwendet. Bekannt sind Spezialitäten und Getränke wie Pubamehl, Caxiri, Chicha oder Cauim . Dank des Erbes der indigenen Stämme und einer reichhaltigen lokalen Biodiversität können geerntete Wildpflanzen auch auf besonders interessante Weise verarbeitet werden.


Mexiko Von wegen sauer – scharf!

Wer Pfefferschoten fermentiert und dem scharfen Resultat einen “heißen“ Namen wie Tabasco verpasst, kann damit einen Welthit landen.


El Salvador Besser als das Original?

Curtido heisst die nationale Sauerkrautvariante, ein Mix aus fermentiertem Kohl, Zwiebeln, Karotten und (manchmal) Limettensaft.


Brasilien Schätze des Amazonas

Viele alkoholische Getränke stammen aus der Vergärung verschiedener Früchte, unter anderem aus ihrem Fruchtfleisch, ihrer Rinde oder ihren Samen. Einige traditionelle Lebensmittel, wie der Coalho-Käse, haben seit ihrer Einführung, als Erbe der europäischen Kolonisierung, viele Generationen überlebt.

Mittels Fermentierung des wild wachsenden Manioks wird die beliebte Würzmischung Tucupi hergestellt.


Hawai Energie für Surfer!

Aus den fermentierten Stielen der Taro-Pflanze lässt sich ein Teig produzieren, der püriert, gedämpft oder gekocht, sich als Poi international grosser Beliebtheit erfreut.


Die große fermentierte Spezialität Ihres Heimatlandes oder die schmackhafte Entdeckung Ihres Urlaubstrips ist nicht aufgeführt? Schreiben Sie uns, damit wir diese Lücke beheben!